Previous ArticleDas Angebot der Zahlungsmöglichkeiten am Checkout zu erweitern, ist ein Muss. Hier ist warum.Next ArticleWarum ist die Generation Z entscheidend für Neobanken?

Die Rolle des Bargelds im staatlichen Zahlungsverkehr

In den letzten zwei Jahren haben wir eine rasante Digitalisierung von Konsumenten und Unternehmen erlebt, die durch die COVID-19-Pandemie stark vorangetrieben wurde (aber nicht ausschließlich eine Folge davon ist). Und mit Blick auf die Zukunft wird sich dieser Trend weiter fortsetzen.

Es gibt Gründe, warum die Digitalisierung auf die richtige Weise angegangen werden muss. Eines der wichtigsten Probleme ist zweifellos die finanzielle Ausgrenzung. Mit der fortschreitenden Digitalisierung besteht die Gefahr, dass nicht alle Menschen mehr Zugang zu entsprechenden Dienstleistungen haben werden. Dies ist besonders relevant für wichtige Services wie staatliche Initiativen, die digitale Registrierungen oder Zahlungen erfordern.

Finanzielle Inklusion ist immer noch ein Thema auf nationaler und lokaler Ebene

Die Gespräche über die Bekämpfung der globalen finanziellen Ausgrenzung konzentrieren sich in der Regel auf die Entwicklungsländer. Es stimmt zwar, dass es in diesen Ländern mehr Menschen gibt, die kein Bankkonto besitzen, und trotzdem führt die finanzielle Exklusion selbst in den fortschrittlichsten Ländern zu großen Problemen.

Nehmen wir die USA als Beispiel. Untersuchungen zufolge gelten nur 78 % der erwachsenen U.S. Bürger als „fully banked“. Die verbleibenden 63 Millionen Amerikaner haben keinen gleichwertigen Zugang zu Finanzprodukten und -dienstleistungen. Zwischen 6 und 10 % der Erwachsenen in den USA haben nicht einmal ein Bankkonto.

Für die Regierungen stellt dies ein Problem dar. Dieses wurde durch COVID-19 verschärft und noch weiter in den Mittelpunkt gerückt. Die finanziellen und sozialen Folgen der Pandemie, wie z. B. die Schließung von Banken und die Verlagerung auf digitale Dienste, haben unverhältnismäßig starke Auswirkungen auf den benachteiligten Teil der Gesellschaft, der kaum Zugang zu Bankdienstleistungen hat. Analysen zufolge sind nur drei Prozent der Erwachsenen in den USA, die mehr als 40.000 Dollar pro Jahr verdienen, ohne Bankverbindung. Im Vergleich dazu haben 14 % derer, die weniger als 40.000 Dollar verdienen, keine Bankverbindung. Die sozioökonomische Kluft zwischen den Reichsten und den Ärmsten der Gesellschaft wächst und sie wird sich mit dem Übergang zur digitalen Wirtschaft noch vergrößern.

Jan Marc Kuelper 

VP eCash USA, Paysafe

Die finanziellen und sozialen Folgen der Pandemie, wie z. B. die Schließung von Banken und die Verlagerung auf digitale Dienste, haben unverhältnismäßig starke Auswirkungen auf den benachteiligten Teil der Gesellschaft, der kaum Zugang zu Bankdienstleistungen hat.

Außerdem gibt es noch einen konkreteren Grund, warum die Regierungen der finanziellen Ausgrenzung entgegensteuern sollten. Abgesehen davon, dass sie nicht in der Lage sind, an wachsenden Bereichen innerhalb der Gesellschaft teilzuhaben, werden Personen ohne oder mit nur eingeschränktem Zugang zu Finanzinstituten auch größere Schwierigkeiten haben, Beiträge an staatliche Behörden zu zahlen oder Gelder von diesen zu empfangen. Dies hat sich bereits während der Pandemie gezeigt: U.S.-Bürger ohne Bankkonto mussten länger auf ihren von der Regierung ausgestellten Konjunkturscheck warten (sofern sie überhaupt Anspruch darauf hatten), was bedeutete, dass einige der schwächsten Mitglieder der Gesellschaft noch weiter an den Rand gedrängt wurden und in noch prekärere Situationen gerieten.

Es ist natürlich wahrscheinlicher, dass die Regierungen eher die Nähe zu den Bürgern suchen, wenn es um die Annahme von Zahlungen geht. Dazu gehören selbstverständlich die Zahlung von Steuern, aber auch andere Zahlungen wie Bußgelder, Versorgungsleistungen, Strafen, Genehmigungen und andere Geschäftskosten für Selbstständige. Wenn diejenigen, die auf Bargeldzahlungen angewiesen sind, im Zuge der Digitalisierung der staatlichen Dienstleistungen von diesen Zahlungen ausgeschlossen werden, wird dies dramatische Folgen haben.

Die Notwendigkeit der Integration von eCash

Was kann also getan werden? Die langfristige Strategie könnte darin bestehen, die finanzielle Inklusion durch Initiativen wie niedrigere Gebühren für Bankdienstleistungen zu fördern und alle Bürgerinnen und Bürger dabei zu unterstützen, durch den Zugang zu allen Zahlungsmethoden so viele Optionen wie möglich zu haben. Kurzfristig muss es jedoch darum gehen, den Bargeldkonsumenten die gleichen Möglichkeiten wie allen anderen Bürgern zu bieten, indem sie sichere und bequeme Barzahlungen an ihren Online-Checkouts ermöglichen.

eCash-Lösungen schließen die Lücke zwischen denjenigen, die auf Barzahlungen angewiesen sind oder Bargeld bevorzugen, und der digitalen Welt. Der Konsument beginnt die Transaktion online über den Checkout, schließt sie dann aber in einer nahgelegenen Zahlstelle in bar ab. Das bedeutet, dass mit Bargeld zahlenden Kunden, denjenigen gleichgestellt werden, die über eine Bankkonto-verbundene Zahlungsmethode bezahlen.

Zahlungspräferenzen der Konsumenten gehen über die finanzielle Inklusion hinaus

Und es sind nicht nur die Konsumenten ohne Bankverbindung, die eine Diversifizierung der Online-Zahlungsmethoden vorantreiben. Laut einer von uns im Jahr 2021 beauftragten Studie haben 86 % der Konsumenten ihr Online-Zahlungsverhalten während der Pandemie geändert, und 59 % haben seit Anfang 2020 mindestens eine neue Online-Zahlungsmethode zum ersten Mal ausprobiert.

Es gibt eine Reihe von Gründen, warum sich die Konsumenten generell von Kredit- und Debitkarten abwenden – zu den wichtigsten gehören jedoch, dass sie keine Bankverbindung haben oder sich nicht wohl dabei fühlen, ihre finanziellen Daten online zu teilen.

Die Unternehmen haben diesen Wandel in der Konsumentennachfrage erkannt und handeln entsprechend. Zwei Drittel (65 %) der 900 Online-Unternehmen, die wir im September 2021 befragten, gaben an, dass COVID-19 die Zahlungspräferenzen der Konsumenten verändert hat, und 61 % haben deshalb ihre Pläne zur Verbesserung der Checkout-Erfahrung beschleunigt.

Die Zahlungen an Behörden spiegeln diese Entwicklung in gewissem Maße wider. So können beispielsweise einige Zahlungen an U.S.-Behörden, wie Bußgelder und Strafen, mit alternativen Zahlungsmitteln wie digitalen Geldbörsen abgewickelt werden. Der Anwendungsbereich alternativer Zahlungsmethoden könnte und sollte jedoch viel größer sein.

In den USA gaben 54 % der Online-Unternehmen an, dass sie ihren Kunden entweder bereits die Möglichkeit bieten, online mit eCash zu bezahlen, oder vorhaben, dies in den nächsten 12 Monaten in ihrem digitalen Checkout zu ermöglichen. 59 Prozent dieser Unternehmen gaben an, dass der Prozentsatz der Verkäufe, die in ihrem Online-Checkout über eCash abgewickelt werden, gestiegen ist. Die Regierungen müssen erwägen, diesem Beispiel zu folgen.

Die nächsten Schritte zur Digitalisierung

Mit Blick auf die nächsten Jahre erwarten wir, dass die Verlagerung hin zu digitalen Dienstleistungen weiter an Dynamik gewinnt. Es besteht jedoch die Gefahr, dass dadurch in den USA eine Zwei-Klassen-Gesellschaft entsteht, in der ein erheblicher Prozentsatz der sozial Schwachen zurückbleibt und keinen Zugang zu den Waren und Dienstleistungen von morgen hat.

Die Regierungen sollten darüber besorgt sein und sollte mit gutem Beispiel vorangehen. Die Erleichterung des Zugangs von Bargeldkonsumenten und insbesondere von finanziell ausgegrenzten Konsumenten zu digitalen Diensten ist von entscheidender Bedeutung für die Verwirklichung einer digital ausgerichteten, ethisch nachhaltigen Gesellschaft.